Schreckt vegan ab? Was sollte bei pflanzlichen Gerichten auf der Speisekarte stehen

V auf Speisekarte

Die Bezeichnung „vegan“ an einem Lebensmittelkorb hat auf Testpersonen negative Auswirkungen. In einem Versuch wurden identische Körbe eher ausgewählt, wenn sie stattdessen als „gesund“ oder „nachhaltig“ gekennzeichnet waren. Das besagt eine Studie der University of Southern California, von Sleboda et al., die in dieser Dezember im „Journal of Environmental Psychologie“ veröffentlicht wurde, Spiegel online (Bezahlschranke) und utopia.de berichteten.

Vegan sozial nicht akzeptiert?

Die Studie benennt unter anderem den Wunsch nach sozialer Akzeptanz für die Ablehnung der Bezeichnung „vegan“. Sie schlägt zudem vor, Kennzeichnungen von Produkten eher nach dem Nutzwert als nach dem Inhalt zu labeln. Also „pflanzenbasiert“ oder „gesund und nachhaltig“ anstelle von von „vegan“ oder „vegetarisch“.

Persönlich finde ich dieses Ergebnis sehr bedauernswert, denn für mich ist eine genaue Kennzeichnung sehr hilfreich. Ich nehme lieber das Produkt, auf dem „vegan“ als Label angegebenen steht, als eines, bei dem nur „auf pflanzlicher Basis“ oder gar „nachhaltig“ steht. Dann müsste ich nämmlich noch die Zutatenliste durchforsten, ob nicht doch etwas enthalten ist, auf das ich lieber verzichten möchte.

Was bedeutet das für die Kennzeichnung von Gerichten auf Speisekarten?

Umso mehr gilt das für Speisekarten in Gaststätten. Da es hier keine Zutatenliste gibt, ist die Bestellung in einem Restaurant immer auch mit Vertrauen verbunden. Je genauer auf der Speisekarte steht, was enthalten ist und was nicht, desto einfacher fällt mir die Auswahl. Im Idealfall steht dort „vegan“, dann bin ich auf der sicheren Seite. Nur leider scheint genau diese Auszeichnung Menschen, die auch Fleisch essen, davon abzuhalten, das Gericht zu bestellen, denn offenbar leidet die soziale Anerkennung unter dieser Wahl. Das war mir in dem Maße bisher gar nicht wirklich bewußt. Obwohl es mir in bestimmten Gruppen schon auffällt, dass alle, die Fleisch essen, im Restaurant auch Schnitzel bestellen, während ich das häufig einzige fleischlose Gericht nehme.

Das Problem scheint: Wie kann eine Speisekarte transparent darüber aufklären, welche Zutanten in einem Gericht enthalten sind und gleichzeitig Mischköstler nicht davor abschrecken, pflanzliche Speisen in Betracht zu ziehen? Also mit der Kennzeichnung als „vegan“ keine Reaktanz auszulösen oder das Gefühl zu vermitteln, hier ist etwas sozial sehr gering angesehen. Offenbar ein schwer lösliches Dilemma.

Denn natürlich wünsche ich mir, dass vegane Speisen nicht nur von 2 % der Gäste und vegetarische Speisen nicht nur von 10 % in Erwägung gezogen werden. Wenn diese Gerichte häufiger gewählt würden, würde das ja die Hürde senken, auch in der klassichen Gastronomie verstärkt vegane und vegetarische Speisen anzubieten. Irgendwie dachte ich naiverweise immer, vegan wäre nach unten hin kompatibel, sprich, das wäre das Essen für alle, vegetarisch das für 98 % und Fleischkost wäre eingeschränkt auf die übrigen 88 %. Wohl falsch gedacht.

Umkehr der Beweislast

Eine Lösung könnte sein, vegane Gerichte als „pflanzlich“, vegetarische Gerichte als „fleischlos“ zu kennzeichnen. Das würde bei mir als Gast aber ganz sicher dazu führen, dass ich nachfragen müsste, ob damit „rein pflanzlich“ gemeint ist.

Eine andere, für mich elegantere Lösung wäre es, vegane Speisen als Normalfall anzusehen, der nicht gekennzeichnet werden muss. Bei vegetarischen Speisen würde dann ergänzt, welche tierischen Produkte enthalten sind, ein Ei beziehungsweise ein Milchglas als Symbol würden da reichen. Und fleischlische Kost würde entsprechend durch ein Huhn, einen Fisch, ein Schwein oder ein Rind als Symbol gekennzeichnet. Das hätte gleichzeitig den Vorteil, dass deutlich wird, dass in diesem Essen ein Lebewesen enthalten ist und nicht eine anonyme Zellmasse. Das Symbol weckt möglicherweise mehr Empathie, als nur der Text „Schweineschnitzel“.

Damit wäre die Beweislast umgedreht: Zeige mir nicht, was dem Essen fehlt, sondern zeige mir, was es enthält, auf das man aber auch ganz gut verzichten könnte. Nur ob das weniger Reaktanz auslöst, das bleibt ungewiss. Zumindest bis eine Studie den Fall untersucht.

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