Kolumne (6) – Veganuary, happy veggy community

Illustration Veganuary, Menschen sitzen im Winter draußen und essen Früchte und Gemüse, mithilfe von KI erzeugt

Nachher ist es immer einfach gewesen. Wenn man es geschafft hat. 31 Tage rein pflanzlich essen. Durchgezogen. 31 Tage mich an das gehalten, was ich eigentlich tun möchte, so gewesen, wie ich eigentlich sein möchte. Suck less! Weniger schlimm sein, weniger Übel anrichten in der Welt, niemanden für mich quälen und schon gar nicht für meine Lebensweise töten lassen. Keinen Menschen, kein Tier. Also: vegan essen, vegan leben.

Teil der Bewegung sein – In der Community geht es leichter

In einer Gesellschaft, für die diese friedliche und umweltschonende Lebensweise noch exotisch ist, ein Außenseitertum, ist der Veganuary eine perfekte Sache. Für mich auch. Ich melde mich an, spende eine Spende und bin dabei. Ich bin Teil der Community, bekomme motivierende Mails mit Rezepten und Gründen. Ich kann mich gut fühlen, denn ich tu nun etwas. Und, oh Wunder: Ich fühle mich gut. Weil ich mitmache, weil ich dabei bin. Weil ich mich endlich so verhalte, wie es meinen Idealen und nicht, wie meinen (bisherigen?) Gewohnheiten, meinen Ausreden und Ausflüchten entspricht. Ja, ich habe teilweise weggeschaut, mir die Konsequenzen meines Handels nicht immer bewusst gemacht.

Beruhigende Stimme im Hinterkopf: „Hey, Du bist aber immerhin schon 35 Jahre lang Vegetarier, das ist doch nicht nichts!“ – „Ja, das stimmt, netter Versuch, aber ich glaube nicht mehr, dass das ausreichend ist.“

Übungssache: Gutes tun und darüber reden

 

Der Januar bietet mir jetzt eine Ausrede und ich kann Freunden und Bekannten sagen: „Sorry, ich esse einen Monat lang kein Brötchen mit Käse, nicht den Hirtensalat beim Griechen, ich mache mal beim „Veganuary“ mit.“ Das bringen Vegan-Rookeys, wie ich einer bin, einfacher über die Lippen als: „Sorry, ich nehme heute nur ein Getränk, weil es in dieser Gaststätte nichts Veganes zu essen gibt“, oder alternativ das stille Gespräch mit dem Kellner suchen, was in der Karte denn auch in vegan gehe und mehrfach nachfragen, ob nicht doch diese Komponenten oder jene Sauce Verbotenes enthält. Und dann freudestrahlend Pommes ohne alles essen.

Veganuary also. Ich kann zwei Dinge üben: mein Verhalten und mit Menschen, die Bratwurst essen, darüber reden

Es ist geschafft. Stolperfallen und Vertrauen

Und nun ist es auch schon geschafft! Und in der Rückbetrachtung war es einfacher als erwartet.
Stolperfallen: Die Mitbring-Party in der Nachbarschaft. Aber, oh frohe Botschaft, die Gastgeberin nimmt ebenfalls am Veganuary teil und zwei der eingeladenen Nachbar*innen essen ebenfalls vegan. Grins. Köstliches Nussbrot und Dips und Aufstriche geniessend.

Nächste Stolperfalle: Dienstreise. Mehrere Tage Hotel, eher günstig, kein Frühstück, sonst immer Stopp beim Bäcker, morgens zwei Brötchen für auf die Hand. Diesmal: optimale Planung, immer die vegane Notfalltasche dabei. Nussmischung, veganer Frischkäse, Amaranth-Maiswaffeln, Datteln, Dinkel-Doppelkekse, fürs Frühstück Soja-Joghurt besorgt und die Tupperdose Müsli dabei. Bio. So müssen sich die fürsorglich-vorsorglichen Eltern fühlen, die neben Windeln, Fläschchen und sonstigem, was das Baby auf dem Spaziergang alles brauchen könnte, in der Kinderwagenbegleittasche immer (!) dabei haben, sobald sie das Haus verlassen. Nur es war für mich und es war vegan. Maiswaffeln sind übrigens okay, Reiswaffeln auch, gerne mit Meersalz, sonst nur pappige Substanz. Linsenwaffeln sind aber nicht so meins. Dafür war ich aber dem Supermarkt sehr dankbar für den Bulgur- und den Couscous-Salat!

Noch eine Stolperfalle: Restaurantbesuche. Auch die bringen Dienstreisen mit sich. Auf Aussagen „wir haben vegane Speisen auf der Karte“ ist nicht immer Verlass. Die vorab als vegan gepriesene Blumenkohl-Rahm-Suppe enthielt, wie der Name schon sagt, Sahne, und sie steht in der Karte unter „vegetarisch“. Vegan steht in der Karte nicht, aber der Veggieburger ginge als veganes Patty ohne Brötchen. Mit Pommes, ja. Sauce? Wird in der Küche nachgefragt. Vor dem Essen steht der Verhandlungsmarathon. Und dann der skeptische Blick auf die servierte Speise. Dich habe ich heute ordentlich gefordert, lieber Kellner. Dankst Du es mir mit Spucke und dem Mir-doch-scheißegal-Ei im Patty?

Vertrauen. Om. Vertrauen. Om. Ich vertraue. Om. Aber ich verhandle trotzdem. So zählte ich die Januar-Tage bis 31, alles auf der Haben-Seite. Falls mir doch mein Brot ins falsche Dip gefallen ist, falls im Brötchen, das der Kellner doch noch auftreiben konnte, Molkepulver enthalten ist. Hey, ich habe mein Bestes gegeben. In diesem Januar fühle ich mich einfach Veganuary. Für die Stolperfallen und Einfallstore werde ich sensibler. Die ersten Februartage sind auch schon überstanden und ich habe beim Restaurantbesuch auf „ich könnte Ihnen Zigeunersauce bringen“ verzichtet, weil ich mein veganes Schnitzel nicht versaucen wollte.

Ich werde es vermutlich noch nicht schaffen, als Veganer den Rest des Jahres zu begehen. Aber ich möchte noch veganer sein, als vorher. Und nächstes Jahr bin ich wieder dabei, danke liebe Veganuaries, eine großartige Aktion, als Motivation und Beweis: Es ist zu schaffen, und ganz bald auch für immer.

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